Markus Feigl: Die Ausbildung ehrenamtlich und nebenberuflich tätiger Bibliothekar/innen in Österreich

Die Professionalisierung der ehrenamtlich und nebenberuflich tätigen Bibliothekar/innen wird in Österreich angestrebt. Beispielsweise ein 3-wöchiger digitaler Ausbildungskurs mit seinem Erststart im Frühsommer 2022 soll die Quote in dieser Branche weit über die aktuellen 17 % heben.

Das österreichische öffentliche Bibliothekswesen ist in einem hohen Ausmaß von ehrenamtlicher Arbeit geprägt, weshalb für den Büchereiverband Österreichs die Qualifikation der ehrenamtlich Tätigen ein zentraler Baustein der Zukunftssicherung von öffentlichen Bibliotheken in Österreich ist. Den 7.772 ehrenamtlichen Bibliotheksmitarbeiter/innen stehen 856 hauptberufliche und 510 nebenberufliche Bibliothekarinnen und Bibliothekaren gegenüber (Stand 2021), wobei „nebenberuflich“ hier auf eine in wirtschaftlicher Sicht andere Haupttätigkeit verweist: Der Regelfall ist eine nichtbibliothekarische Beschäftigung in der Kommunalverwaltung mit einigen wenigen für die Bibliotheksbetreuung gewidmeten Stunden.

Gegenwärtig haben rund 17% aller in öffentlichen Bibliotheken ehrenamtlich Tätigen eine bibliothekarische Ausbildung absolviert. Um diesen Prozentsatz zu erhöhen und auch Personen, die aus persönlichen Gründen nicht an den Ausbildungslehrgängen am bifeb teilnehmen können, eine Ausbildung zu ermöglichen, startete im Frühsommer 2022 erstmals ein zur Gänze in den digitalen Raum verlagerter Ausbildungskurs.

Die Ausbildung für die fokussierte Zielgruppe ist mit insgesamt drei Wochen deutlich kürzer als jene für hauptberufliche Bibliothekar/innen, die fünf Wochen beträgt. Das ist in erster Linie auf die eingeschränkten zeitlichen Kapazitäten der Teilnehmenden zurückzuführen, die diese Ausbildung in ihrer Freizeit besuchen und zu absolvieren haben.

Im Jahr 2018 wurde der Lehrplan der ehrenamtlichen Ausbildung unter internationaler wissenschaftlicher Begleitung grundlegend überarbeitet und modular gestaltet.1 Durch diese Umgestaltung ist es nunmehr möglich, abgeschlossene Module für eine etwaige spätere Absolvierung des Lehrgangs für hauptamtliche Bibliothekar/innen anrechnen lassen zu können. In der Ausbildung für ehrenamtlich und nebenberuflich Tätige ist das gemeinschaftliche Erarbeiten bibliothekarischer Inhalte die vorherrschende didaktische Methode. Ein Team von drei Vortragenden aus der bibliothekarischen Praxis betreut die Lehrgangsteilnehmenden durchgehend. Anders als in der Ausbildung für hauptberuflich tätige Bibliothekar/innen ist hier der Unterricht einzelner Fächer durch Fachexpert/innen die Ausnahme. Ziel ist in erster Linie die Vermittlung von Basiskenntnissen der bibliothekarischen Arbeit und die Sensibilisierung der
Teilnehmenden hinsichtlich Anforderungen und Rahmenbedingungen einer modernen und
attraktiven Bibliothek.

Ein wichtiger Gradmesser für die Effektivität der bibliothekarischen Ausbildungslehrgänge ist die Erfüllung der Kriterien für die Büchereiförderung des Bundes. Anhand der vorliegenden statistischen Daten zeigt sich der Zusammenhang zwischen gut ausgebildetem Personal und Kriterien-Erreichung sehr deutlich.

Foto von Markus Feigl

Markus Feigl
Geschäftsführer des Büchereiverbandes Österreichs. Leiter der Ausbildungslehrgänge für ehrenamtliche, nebenberufliche und hauptamtliche Bibliothekarinnen und Bibliothekare an öffentlichen Bibliotheken am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung St. Wolfgang. Vortragender in den Universitätslehrgängen „Library and Information Studies“ an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck.