Medienmündigkeit – Anliegen und Auftrag der politischen Erwachsenenbildung

Von 4. bis 5. Oktober 2021 fand am bifeb die Tagung „Medienmündigkeit auf der Höhe der Zeit“ statt, die sich den Einflüssen digitaler Medien auf die Gesellschaft und deren Konsequenzen für die Erwachsenenbildung widmete. Dieser Rückblick versucht die zentralen Aussagen der Vortragenden und deren Rezeption während der Tagung zu skizzieren.

Mediennutzungskompetenz =/= Kritische Medienkompetenz

In vielen Debatten um digitale Medien werden Anforderungen an Bürger_innen als Kenntnisse über die Nutzung digitaler Medien thematisiert. Etwa das Installieren und Nutzen von Anwendungen, Wissen über Datenschutz, oder das Erkennen von und den Umgang mit Betrugsversuchen oder Fake News. Roberto Simanowski zeigt, dass dies eine unzureichende Perspektive darstellt: Mit dem Internet als digitalem Datenhighway betrifft Mediennutzungskompetenz die schlichte Kenntnis der Umgangsregeln, gewissermaßen die Verkehrsordnung des Internets. Demgegenüber fokussiert eine kritische Medienkompetenz auf die Fragen warum die Infrastruktur digitaler Medien so gestaltet ist wie sie ist und wie sich auf die Gesellschaft wirkt. In einer Retrospektive medienwissenschaftlicher Werke zeigt Roberto Simanowski, dass nicht nur die Möglichkeiten digitaler Medien einer rasanten Entwicklung unterliegen, sondern auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse um deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Schritte zur redaktionellen Gesellschaft

Aufbauend auf Simanowskis Plädoyer betont Bernhard Pörksen das Spannungsverhältnis zwischen schneller Informationsvermittlung und langsamer Reflexion. Er skizziert Schritte zur Entwicklung einer redaktionellen Gesellschaft, in der eine kritisch-reflexive Haltung gegenüber (digitalen) Medien in der Breite der Gesellschaft verwirklicht werden könnte: (1) ein eigenes Schulfach Medienkompetenz, das sowohl Nutzungs- als auch Reflexionskompetenzen vermittelt; (2) transparenten und dialogorientieren Journalismus, dessen Produktionsverhältnisse nachvollziehbar sind, in dem differenzierte Perspektiven unter aktiver Einbindung der Leser_innen Platz finden; (3) eine sorgsame Regulierung sozialer Medien, in der die Regeln und ethischen Standards der Plattformen Gegenstand öffentlicher Diskussion sind;

Partizipation in der digitalen Medienwelt

Inken Heldt betont die Bedeutung digitaler Medien für politische Partizipation. Sie schlägt vor, auf der Grundlage eines Wissens über die Einflüsse und Effekte digitaler Meiden auf die Gesellschaft (1) kritische Quellenprüfungs- und Recherchefähigkeiten zu fördern aber auch (2) besonderes Augenmerk auf die Entwicklung eigener Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit zu legen. Mündige Bürger_innen sollen nicht nur in der Lage sein, unfallfrei und kritisch auf dem digitalen Datenhighway unterwegs sein, sondern sich diesen Raum selbst aneignen, um Aufmerksamkeit für ihre Anliegen und Standpunkte zu erlangen.

In der Podiumsdiskussion wurden die Inputs der Wissenschafter_innen gemeinsam mit Tatjana Baborek (WIFI Österreich) und Michael Sturm (BFI Österreich) mit Hinblick auf die Erwachsenenbildung diskutiert. Deutlich wurde dabei, dass zur Vermittlung digitaler Kompetenzen und deren Reflexion sowohl institutionelle als auch zivilgesellschaftliche Akteure bedeutsam sind. Diese sollten in regelmäßigem Austausch stehen und die Deliberation über Form und Inhalt kritischer Medienkompetenz vorantreiben. Deshalb werden nach der Tagung weitere Schritte zur Vernetzung der Akteur_innen in diesem Feld folgen.