Demokratie- und Wissenschaftsvertrauen in Krisenzeiten: Herausforderungen und neue Möglichkeiten für die Erwachsenenbildung

Auf wissenschaftlich erhobenen Daten beruhende Evidenz ist für politische und gesellschaftliche Entscheidungen und deren Bewertung zentral.

Gegenwärtig erodiert die Autorität von Wissenschaft enorm. Die Gründe und Implikationen dieser Entwicklung sind vielfältig und widersprüchlich. Unumstritten ist aber die Grundannahme, dass Wissenschaft eine zentrale Rolle für die Demokratie spielt, da sie dazu beiträgt, fundierte Entscheidungen zu treffen und politische Maßnahmen auf der Grundlage von Fakten und Beweisen besser zu gestalten. Wissenschaftliche Erkenntnisse können helfen, komplexe Herausforderungen wie die Corona-Pandemie oder den Klimawandel zu lösen und die Auswirkungen von politischen Entscheidungen auf die Gesellschaft und die Umwelt besser zu verstehen. Daher sind die Freiheit der Wissenschaft und die Unabhängigkeit der Hochschule unabdingbar um die besten Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden.

Analog dazu versorgen Journalismus und die Medien Politik und Gesellschaft mit möglichst zuverlässigen Informationen, stärken Bildung und Wissen der Bevölkerung, regen demokratische Diskurse an und liefern eine Basis für begründete politische, wirtschaftliche und technologische Entscheidungen.

Die Aussagekraft und die Relevanz von Wissenschaft wie auch des Journalismus werden in unserem, von manchen Autor/innen als „postfaktisch“ charakterisierten Zeitalter, gerade von populistischen Akteur/innen allerdings stark in Frage gestellt und gezielt delegitimiert. So zeigen sich österreichische Hochschulen gegenwärtig stark besorgt über die „Ignoranz wissenschaftlicher Evidenz“ und eine stärker werdende Wissenschaftsfeindlichkeit.[1] Die Unterschiede zwischen Wahrheit und Lügen, Fakt und Fiktion scheinen zu verschwimmen. Dazu kommt, dass Digitalisierung, erweiterte Beteiligungsansprüche in partizipativen Demokratien, das Bedürfnis nach Zukunftsgewissheit und sicheren Prognosen, aber auch handfeste Wirtschaftsinteressen und massive politische Verschiebungen die Relevanz, die Erzeugung und die Vermittlung von wissenschaftlicher Evidenz stark beeinflussen.

Erwachsenenbildung kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu. Denn durch die Stärkung von Wissenschaftskompetenz – z.B. Wissen über wissenschaftliche Forschungsergebnisse und deren Begründung – wird demokratische Beteiligung und das Vertrauen in demokratische Entscheidungsprozesse gestärkt. Erwachsenenbildung kann wissenschaftliche Erkenntnisse und Vorgehensweisen auf verschiedene Weise vermitteln, und so die Kompetenz im Umgang mit und Vertrauen auf wissenschaftliche Evidenz entscheidend fördern.

Traditionell bietet Erwachsenenbildung Kurse und Workshops an, die sich u.a. auf bestimmte wissenschaftliche Themen konzentrieren. Diese können von Expert/innen auf dem Gebiet geleitet werden und den Teilnehmer/innen die Möglichkeit geben, ihr Wissen zu erweitern und Fragen zu stellen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, wissenschaftliche Veranstaltungen wie Vorträge, Konferenzen und Diskussionsforen zu organisieren, bei denen Expert/innen ihre Forschungsergebnisse präsentieren und mit dem Publikum interagieren können. Digitale Ressourcen wie Videos oder Podcasts oder auch neue innovative Formate wie Science Slams oder Virtual Reality bieten neue Möglichkeiten, um Wissenschaft auf eine zugängliche und unterhaltsame Weise zu vermitteln.

Unsere Tagung möchte daher mit Vertreter/innen aus der Wissenschaft, Medien und Bildung in Vorträgen und Workshop sowohl die Ursachen dieser Entwicklung identifizieren als auch gemeinsam Strategien und Auswege aus dieser „Krise“ entwickeln. Auch geht es darum, grundsätzlich zu überlegen, wie wissenschaftliche Evidenz und das Vertrauen auf wissenschaftliche Fakten in der Erwachsenenbildung gefördert werden kann.

Die Tagung findet von 27. bis 28. September 2023 am bifeb statt.
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Foto von Jeffrey Wimmer

Jeffrey Wimmer

Dr. phil., ist Professor für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Medienrealität an der Universität Augsburg. Seine Forschungs- und Lehrschschwerpunkte liegen in den Bereichen Öffentlichkeit und Partizipation, Mediatisierung und Medienwandel, Digitale Spiele und Virtuelle Welten